LOSUNG DES TAGES

Gerecht ist er, der HERR, ich aber war widerspenstig gegen sein Wort.

Klagelieder 1,18

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„... „Ist das denn zu fassen? Dass Jesu verraten, verleugnet, verlassen wurde von seinen Freunden. Dass Jesus für schuldig befunden wurde. Dass er gekreuzigt wurde und starb. Dass da die Erde bebte. Ist das denn zu fassen? Dass drei Tage später, am Ostersonntag, die Erde schon wieder heftig bebt. Dass ein Engel das Grab öffnet und sich seelenruhig auf den Grabstein setzt und ..." 

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  Brief von Pfrin. Kathrin Fuchs

 

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Liebe Leserinnen und Leser unserer Homepage,
heute lesen Sie an dieser Stelle keinen Brief, sondern die Predigt zum ökumenischen Marktgottesdienst am 30. September diesen Jahres. Der Prolog des Johannesevangeliums hat mich zu weitreichenden, sehr aktuellen Gedanken animiert.

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
Dasselbe war im Anfang bei Gott.


Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
Dasselbe war im Anfang bei Gott.
Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.
Im Anfang war das Wort …


Geht es Ihnen genauso wie mir? Mir ist schon ganz schwindelig von den Worten des Johannes.
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
Dasselbe war im Anfang bei Gott.


Das könnte jetzt so weiter gehen. Immerzu – sich drehen wie einst der Sputnik um die Erde flog. Immer im Kreis seine Bahn ziehend, nicht enden wollend im Flug hoch oben fast in den Sternen.
Und doch, wenn wir kurz im Bild bleiben: Der Sputnik war atheistisch, trug sowjetische Hoheitsabzeichen.
Den Himmelskörper, den Johannes um die Erde kreisen lässt, ist theistisch schlechthin. Gott überall. Gott alles in allem. Gott durch und durch.
So schön, so gut?
So schön, so erschreckend, so unmenschlich kalt – dieses Göttliche, das mich schon wahnsinnig macht, wenn ich nur in den Himmel blicke und es kreist.


Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Und so weiter – und immer so weiter.
Was soll ich damit? Was hat das mit mir zu tun?
Philosophien gibt es genug. Worte und Logien, die eine Realität und große Zusammenhänge beschreiben auch. Und sie alle kommen doch sehr abgehoben daher, die Platons und Plutins, die Augustins und Anselms - Ideenfanatiker, Blender, Verführer.
Denn was soll das?
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
Dasselbe war im Anfang bei Gott.
Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.

Was haben diese Worte mit mir zu tun? Mit Ihnen hier unter dem Zelt? Was bedeuten diese hochtrabend tollen Sätze, diese fliegenden Gespinste in unendlichen Höhen für Bergen-Enkheim? Für Deutschland? Für Europa und die Welt?
Und ich meine nicht im großen Ganzen.
Ich meine für den einzelnen Menschen.
Die Frau, die schreiend auf das zerbombte Haus stiert, in dem noch die Überreste ihrer Kinder verkohlen.
Den Flüchtenden, weil der Geheimdienst schon vor der Tür steht und die Folter droht.
Das Kind, das Stunden und bis zur Erschöpfung im Mittelmeer schwimmt, bis es in seinen Fluten ertrinkt.
Den Mann, der zum Markt geht, um Mehl zu kaufen, und der mit vielen anderen in die Luft gesprengt wird, zerfetzt bis zur Unkenntlichkeit. Und die, die um ihn weinen, bis der Körper trocken ist und keine Tränen mehr kommen.

Wie gehören diese Menschen und das Wort vom Anfang zusammen? Was verbindet das göttliche Wort mit dem Schicksal jedes einzelnen Menschen dieser Erde in seiner Verzweiflung und Not, in seinem Suchen und Scheitern?
Ich will es Ihnen sagen. NICHTS! Rein GAR NICHTS!
Oder wenn ich gnädig bin in meinen Gedanken – eine Idee. Mehr aber wirklich nicht.
Im Anfang war das Wort – ja. Das ist schön für das Wort. Das ist schön für Gott.
Aber was ist mit seiner Schöpfung? Ich meine im Kleinen. Im Alltag. Im Krieg. Und wenn die Menschen die Krätze haben und ihre Läuse essen als einzige Speise des Tages.

Dieses Dilemma zu lösen rüttelt an den Urfesten des Universums. Und es ist nur zu lösen, wenn Gott sich bewegt. Wenn er das Unmögliche tut.
Und stellen Sie sich das nicht zu leicht vor.
Das undenkbar Unmögliche zu tun, ist auch für Gott ein ungeheurer Schritt.
Dieser Sputnik – dieses theologische Gekreise um den heiligen Brei muss zum Absturz gebracht werden. Muss ein Ende finden.
Und JA! Ich lese.
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns!
Sehen sie es stürzen? Sehen sie es auf der Erde einschlagen? Einen Krater reißend bis es endlich zum Liegen kommt? Endlich geerdet ist? Erd-Endlich.
Und jetzt?
Jetzt versuchen Sie einmal dieses geerdete Wort, diesen gestrandeten Kometen hier in diesem Zelt vor dem Eingang dieser Tür dort zu sehen.
Die Tür mit dem Spiegel, vor der der Mensch selbstverliebt steht und die diabolische Fratze seiner Gottesebenbildlichkeit betrachtet.
Der Spiegel ist vom Teufel, wenn ich das in mittelalterlicher Manier so sagen darf. Denn er verleitet uns, im eigenen Bild den Schöpfer zu sehen. Dabei weiß doch jedes Kind, dass der Spiegel lügt, dass er die Seiten verdreht und damit vom Unwirklichen zeugt. Schein und nicht Sein. Der Mensch im Spiegel! Ein Trugbild nur!

Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, schreibt Johannes. Es wohnte, wurde Nachbar, nahm Heimat. 
Und jetzt schauen Sie noch einmal zu der Tür dort und versuchen das geerdete Wort zu sehen, das dort vor der Tür sanft zum Liegen gekommen ist.
Und sehen Sie, wie das Wort sich noch einen kleinen Tick weiterbewegt. Mit dem letzten Impuls an Bewegungsenergie stößt das fleischgewordene Wort die Tür an – und sie sich öffnet.
Und sehen Sie! Die geöffnete Tür!
Und wir sehen den, der in der Tür steht.
Das Wort Gottes, das bei uns angeklopft hat, sodass die Tür sich öffnete.
Und er ist uns fremd, der dort in der Tür steht. Kommt aus Syrien und Libyen, aus Afghanistan und dem Irak. Sie ist ungepflegt und abgemagert, dunkelhäutig und gelb und leer in den Augen und in der Seele, ein Kind in einer Krippe liegend.


Gottes Ebenbildlichkeit – der Sohn, die Tochter wie aus seinem Gesicht geschnitten. Die schönste Tür zu Gott.
Sehen unsere spiegelgeschädigten, korrupten Augen die Schönheit Gottes, die in der offenen Tür steht? Das geerdete, das erd-endliche Wort, das bei uns Wohnung sucht?
Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Im großen Spiegelsaal zum Fest aufzuspielen, zu tanzen, zu lachen und sich des Lebens zu freuen, ignoriert, das Gott das Unmögliche für uns möglich gemacht hat. Die Tür ist auf! Und er steht darin und begehrt Einlass. Er hat nicht viel dabei, kein großes Gepäck, wenn Sie verstehen, was ich meine, aber er hat’s in sich.
Er kann aus unserem Totentanz den Reigen des Lebens werden lassen, aus unserem verbissenen Lachen das Lachen über den Tod und aus unserer Freudenfassade wahre Lebensfreude. 


Er, der übers Meer kam, der’s überlebte, der Heimat sucht und Freunde, dessen Name im Buch Gottes geschrieben steht, der schwarz ist und zwei Hände hat, die mit meinen Händen gemeinsam die Schöpfung der Erde vollenden.  
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns. Und wir sahen seine Herrlichkeit – in der offenen Tür, in der er steht und wartet, hereingebeten zu werden, damit er mit uns und unter uns wohnt und lebt.
Ja, liebe Festgemeinde, lebt: er und ich – oder keiner von uns.

 

AMEN